Gompertshausen, Stadt Heldburg, Landkreis Hildburghausen, Henneberg-Franken (Südwestthüringen)
Kirmes Gompertshausen
Veranstalter: Ortsvereine Gompertshausen
Zeitpunkt: drittes Juliwochenende
Beschreibung
Auszugsweiser Abdruck aus der Zulassungsarbeit über
,,Die Geschichte der Kirmes in Gompertshausen mit besonderer Berücksichtigung des Zeitraumes von 1950 bis zur Wende 1989″ von Laura Bartenstein aus dem Jahre 2013; auch veröffentlicht im Gompertshäuser Buch ,,900 Jahre Gompertshausen: Gompertshausen – Kleinod zwischen Weinberg und Kreck. 2019″.
Die Kirmestage mit ihren Bräuchen
Seit den 1950er Jahren gibt es wichtige Elemente der traditionellen Kirmes, die zwar nicht bei jedem Kirmesfest, aber bis ins heutige Jahrzehnt in vielen Jahren im Sinne eines Brauches immer wieder auftreten. Es gibt verschiedene Vorschriften, die bei der Vorbereitung einer Plankirmes beachtet werden müssen. Die Regeln haben sich im Laufe der Zeit etwas gelockert. Dennoch gibt es das Gesetz, dass die Teilnehmer der Plangesellschaft ,,aus der Schulˈ sein müssen“, also zumindest konfirmiert sind. Des Weiteren sollen die Mädchen und Jungen noch nicht verheiratet sein oder Kinder haben. Falls ein Pärchen dennoch bei der Plangesellschaft mitmachen möchte, ist die Tradition, nicht mit seinem eigenen Partner ,,Plaa“ zu machen, sondern sich einen anderen Partner oder eine andere Partnerin zu suchen.
Bereits wenige Tage vor dem Fest ragt ein großer ,,Plaabaum“ von weitem sichtbar an einem festgelegtem Platz im Ort in den Himmel. Bei diesem Baum handelt sich um einen sehr hohen Nadelbaum, der im nahegelegenen Gemeindewald von den Burschen geholt wurde. Dieser wird komplett entrindet und mit einer aus Tannenreisig gebundenen Girlande umschlungen. An der Spitze des aufgestellten Stammes befindet sich ein ebenfalls aus Reißig hergestellter Kranz, an dem Bänder geknotet sind und im Wind flattern. Der Baum muss in den Tagen vor und während der Kirmes von der Plangesellschaft bewacht werden, damit dieser nicht einem Streich von Jugendlichen aus den Nachbardörfern zum Opfer fällt. So gab es in der Geschichte schon gefällte Bäume oder schwarz bestrichene Exemplare, für die schleunigst ein Ersatz besorgt werden musste. Während in den 1950er Jahren der ,,Plaabaum“ auf dem Dorfplatz mitten im Ort stand, wurde dieser aufgrund der geringen Freifläche bei dem schwierigen Errichten ab den 1960er Jahren auf einem größeren Areal am heutigen Sportplatz errichtet. Bevor Ende der 1980er Jahre das Aufrichten des schweren Stammes enorm durch die Zuhilfenahme eines extra hierfür bestellten Kranes erleichtert wurde, benutzte man in der vorhergehenden Zeit im Grunde sehr primitive Mittel, die aus einer Menge Muskeln, Geschick, einem Traktor und langen Stangen bestanden. Schon in der Kirmespredigt aus dem Jahre 1847 lässt sich ein solch stattlicher Baum nachweisen, da es heißt: ,,Unser[…] Maien […] ist unsrer Kirmeszier und bringt uns keine Schand! Der hölzre Götz ist unser Freund, ihr Jungfern ists nicht wahr? Ist nicht der Baum der Züchtigkeit fürs Dorf aufs ganze Jahr. Seht wie sein Kranz so schön ihm steht, die roten Bänder dran“. Wenn der Baum aus dem Wald geholt wird, verbindet man dies gleich mit dem Schlagen von kleineren Bäumchen für die ,,Kirmesbräute“. Vor jedem Haus, in dem ein Kirmesmädchen wohnt, wird dieser Baum, zu manchen Zeiten eine Birke, in anderen ein Nadelbaum, aufgestellt und auch dieser mit bunten Kreppbändern verziert. So wussten die Leute aus dem Dorf genau, welches Mädchen an der diesjährigen Plangesellschaft teilnimmt.
Der erste Abend des Festes beginnt mit einem sog. ,,Fressabend“ oder ,,Ansaufen“, wie es heute noch stattfindet. Bei diesem gibt es verschiedene Festessen, wie ,,Saure Fleck“, Sauerkraut mit Eisbein oder Bratwürste sowie Sauerbraten. Diese Tradition stammt noch aus den Zeiten, in denen extra für die Kirmes Tiere geschlachtet wurden und man von einer Art Schlachtfest für die Dorfbevölkerung sprechen kann. Bevor dieser Abend beginnt, werden die Kirmesmädchen von ihren Burschen, der restlichen Kirmesgesellschaft und den Musikanten von ihrem Haus abgeholt. Hierbei wird jedem Mädchen ein Ständchen gespielt. Zusammen zieht die geschlossene Kirmesgesellschaft anschließend zum Ort der Kirmes. Dieser war traditionell das Wirtshaus des Dorfes.
An den folgenden Tagen finden die ,,Standelich“ im Dorf statt. Hier ziehen Kirmesgesellschaft und Musikanten von Haus zu Haus und bieten jeder Familie ein Ständchen dar. Die Kirmesgesellschaft tanzt auf den Straßen. Aufgrund der großen Anzahl an Häusern kommt es vor, dass nicht alle Ständchen an einem Tag geschafft werden, da am Abend gleich der ,,Plaatanz“ sich anschließt. Meist teilt man das Dorf ins ,,Unter – und Oberdorf“ und versucht an zwei Tagen die ,,Standelich“ zu schaffen.
An den Abenden findet der ,,Plaatanz“ statt, bei dem die Kirmesgesellschaft ihre eingeübten Standardtänze zum Besten gibt. Anschließend müssen die Mädchen ,,Geld eintreiben“, indem sie Tanzrunde für Tanzrunde verschiedene Männer zum Tanze auffordern und hierfür mit ein bisschen Kleingeld für die Kirmeskasse und einem Schnaps belohnt werden. Die Männer nehmen vom ,,Gießerträger“ einen kräftigen Schluck Bier. Vorher gehen die Kirmesmädchen mit dem Kirmeszylinder ihres Kirmesburschen durch die Feiernden und setzen diesen einer auserwählten Person auf. Auch die Burschen fordern zum Tanz auf, verlangen von ihren Tanzpartnerinnen aber keine Geldspende. Dazu gehört auch, dass die Kirmesjugendlichen mit der Mutter oder dem Vater des Kirmespartners tanzen. Zur Funktion der ,,Gießerträger“. Diese verwalten während der Kirmes eine Box mit den Geldspenden und tragen eine Gießkanne mit Bier. So halten diese sogar Autos auf den Straßen auf und bitten um etwas Kirmesgeld. Bei den Tanzrunden kümmern sich die ,,Gießerträger“ um die ,,Extratouren“. Bei diesen schwingt der ,,Gießerträger“ den Zylinder des Tanzenden, womit die übrigen auf der Tanzfläche sich Befindenden wissen, dass eine ,,Extratour“ stattfindet. So eine ,,Extratour“ wird in jeder Tanzrunde durchgeführt, bei der das auserwählte Pärchen alleine tanzen darf. Die anderen Tanzpaare pausieren und klatschen. Mit einem erneuten ,,Hutwinker“ wird die ,,Extratour“ beendet.
An einem Kirmesnachmittag findet die Kirmespredigt und das Verlesen der Kirmessprüche unter dem ,,Plaabaum“ statt. Zu dieser Kirmespredigt ziehen die Kirmesgesellschaft mit den Musikanten eine Runde durch das Dorf und sammeln sich schließlich vor dem Kirmesbaum, wo schon etliche Dorfbewohner warten. Natürlich ist der Kirmespfarrer kein richtiger kirchlicher Pfarrer, sondern ein Dorfbewohner, der gut dichten kann und dem im Jahresverlauf viele Neuigkeiten aus dem Dorf zugetragen werden. Dieser trägt einen Talar und wurde bis vor wenigen Jahrzehnten mit einer Pferdekutsche abgeholt. In der Predigt werden die bekannt gewordenen Missgeschicke der Dorfbewohner preisgegeben – natürlich mit allerhand Übertreibungen. Vergleicht man diese Predigten im Verlauf der Jahrzehnte, erkennt man einige Unterschiede. Man kann diese als eine Art Zeitspiegel sehen. Der Alltag der Dorfbewohner wird sehr deutlich. Während in der Predigt 1847 von der Arbeit auf dem Felde, dem wertvollem Kaffee oder dem Kuchenbacken im Backhaus die Rede ist; zu DDR-Zeiten Begriffe wie Grenzer, LPG-Bauer und Brigadeschreiberin fallen, sind heute Fußball-WM, Ausflüge und Haustiere geeignete Themen. Vor dem Beginn dieser Predigt tanzen die Kirmesmädchen und Kirmesburschen um den Kirmesbaum und verlesen ihre Kirmessprüche. Dieser Spruch bezieht sich auf den jeweiligen Kirmespartner und enthält meistens die Vorzüge des anderen, wie man zueinander gefunden hat oder auch die eine oder andere spitze Bemerkung wird verteilt. Sobald ein Pärchen mit seinen Sprüchen am Ende ist, beginnt die Musik erneut mit einem Lied und ein Tanz folgt. Der traditionelle Kirmesschrei umfasst im Übrigen die Worte ,,Dreiza, Värza, Karmes“.
Ein weiterer Höhepunkt ist der Kindertanz, bei dem die Kleinen sich an einem Nachmittag austoben und tanzen können. An einem Tag ist es Pflicht, dass die Burschen der Planpaare bei ihrer ,,Kirmesbraut“ im Haus der Eltern am Mittagessen teilnehmen, welches aus einem deftigem Braten besteht. Am letzten Abend findet die Tortenversteigerung statt. Die Torte wird bis zum letzten Kirmestag von den ,,Tortenmädchen“ getragen und bewacht. Die ,,Tortenmädchen“ sind meist zwei junge Mädchen, die kurz zuvor Konfirmation hatten und wie eine Art Serviererin gekleidet sind. Bei der Versteigerung der Torte, die aus keinem festgelegten Rezept gebacken wurde, soll noch etwas Geld in die Kirmeskasse kommen. Die Torten sind reich geschmückt und werden an den Höchstbietenden versteigert, der das Gebäck meist mit den anderen Feierenden an Ort und Stelle verspeist.
In der letzten Nacht der Kirmes wird diese um Mitternacht unter großen Weinen und Klagen unter Worten des Kirmespfarrers begraben. Alle Kirmespärchen versammeln sich mit Kerzen und die Mädchen mit Kopftüchern in einem Kreis. Bei dieser Kirmesbeerdigung wird auf einer Bahre ein leichter, weiß geschminkter Mann mit weißer Kleidung in den Saal oder ins Festzelt getragen.
Bis zum Ende der 1980er Jahre war der zentrale Feier- und Tanzort das Wirtshaus im Dorf, bis die Gaststätte geschlossen und eine Zeltkirmes ins Leben gerufen wurde. Traditionell fand die Kirmes bis zum Ende der 1980er Jahre am letzten Wochenende im Oktober statt und wurde erst mit Beginn der Zeltkirmes aufgrund der besseren Witterungsverhältnisse im Sommer auf Anfang Juli verlegt.
Zur Kirmes bis zum Jahre 1950
Nicht viel ist über die Kirmestradition in Gompertshausen vor dem neuem Aufleben in den 1950er Jahren bekannt. Das älteste Foto, das eine Gompertshäuser Plangesellschaft zeigt, stammt aus dem Jahre 1903. Ein weiteres Bild ist von 1920 erhalten geblieben. Aus der Zeit vor den 1950er Jahren sind lediglich zwei Schriftstücke in Form von Kirmespredigten erhalten geblieben. Das älteste Dokument stammt aus dem Jahre 1847. Kennzeichnend an diesem beachtlichen Text sind die im Vergleich zu späteren erhaltenen Predigten kurzen Verse mit ihrem moralisierenden Ende. Interessant ist auch die Tatsache, dass bei dieser Predigt keinerlei Namen von Personen aus dem Dorf fallen. Leider ist bei dem zweiten Manuskript eine genaue Zeitangabe nicht möglich, weshalb sich nur spekulieren lässt. Anhand der vorhandenen Namen werden als Entstehungszeit die 1920er Jahre vermutet. Wie im Punkt der Vorgehensweise angedeutet, blieben für eine Befragung für den Zeitraum vor 1950 nur drei Dorfbewohner übrig, die in den Jahren 1925, 1926 und 1929 geboren worden sind. Diese Befragten konnten über einige wenige Einzelheiten aus ihren Kindheitserinnerungen vor dem Kriegsbeginn 1939 berichten. Die Kirmestage fanden, wie später auch noch, im Oktober statt, wenn Ernte und Saat beendet waren. Es widersprechen sich die Angaben, ob das Kirmesfest zwei oder drei Tage umfasste. Mit Sicherheit fand das Fest in einem der zwei Wirtshäuser statt und zwar immer im Wechsel. Am ersten und dritten Tag hielt man sich in dem einen Wirtshaus auf, am zweiten Tag im anderen. Diese Reihenfolge tauschten die Wirte jedes Jahr.
Es scheint, dass zu dieser Zeit die Kirmes viel schlichter als in späteren Jahrzehnten abgelaufen ist – natürlich auch aufgrund der damaligen Lebensverhältnisse. So bekamen die Mädchen beispielsweise nichts Neues anzuziehen, sondern die Kleider wurden geborgt oder von den älteren Geschwistern aufgetragen. Die Ehefrau eines Befragten erzählte von sich und ihren sechs Geschwistern, in deren Familie selten Geld übrig war und wenn doch im Oktober etwas Bares noch vorhanden war, dann reichte es vielleicht noch zu der Anschaffung einer neuen Schürze.
Zum Tanz kamen Auswärtige. Die Blasmusik spielte nachmittags und abends bis zur Sperrstunde um 22 Uhr. Der Tanzsaal war so klein, dass die Tanzenden in zwei Gruppen geteilt wurden. Beim sog. ,,Solo“ tanzte ein Teil im Saal, während der andere nach draußen ging. Unterbrochen wurde um 15:30 Uhr, wenn die Dorfleute nach Hause zum Füttern der Tiere gehen mussten.
Die Befragten konnten sich an keine speziellen Kirmesbräuche oder Festessen erinnern. Nur eine Besonderheit blieb den damaligen Kindern im Gedächtnis. Die Bratwurst und die Limonade für zwanzig Pfennig sowie der Stand mit Schokolade. Wann gab es schon im Jahr frische Bratwürste? Aus dem nahegelegenen Alsleben erschien jedes Kirmesfest ein Händler mit Schokolade, der in der Halle unter dem ehemaligen Tanzsaal einen Tisch aufstellte. Er kam mit Fahrrad und Hänger, baute seinen Stand auf und musste sich hüten, nicht von den Kindern bestohlen zu werden. Natürlich hatten die meisten Kinder kein Geld, um sich Süßigkeiten kaufen zu können. Deshalb hofften die Kinder durch Rütteln am Verkaufsstand die eine oder andere Tafel Schokolade stibitzen zu können.
Der dritte Tag war für die Kinder gedacht, die im Kindergarten und Schule fleißig ein Lied oder Gedicht lernen mussten. Nachdem sie diese vorgetragen hatten, folgten der Kindertanz am Nachmittag und abends wieder der Tanz für Erwachsene. Im Übrigen spendierte die Gemeinde jedem Kind eine Bratwurst und eine Limonade. Daneben blieb auch ein Karussell in der Kirchgasse im Gedächtnis. Natürlich sind auch die selbstgebackenen Kuchen aus dem Backhaus in Erinnerung. Gebacken wurden zehn bis zwölf große runde Bleche mit Streusel-, Käse- und trocknen Kuchen. Die Königshöfer Geschäftsleute bestellten jedes Jahr zur Kirmes einen Gänsebraten und Kirmeskuchen vor, da in der Grabfelder Gegend eher Torten als Kuchen bekannt waren.
Zehn bis zwölf Gänse wurden geschlachtet und in Schirmen (Bratpfannen) im Backhaus gebraten. Schnaps und Bier wurde schon in dieser Zeit gern getrunken, wobei das Bier aus Königshofen stammte. Den Schnaps holten die Wirtsleute aus Alsleben von einem der verschiedenen Schnapsbrenner in fünf-Liter-Korbflaschen und verkauften das Glas Schnaps für zehn Pfennig. Zwar gab und gibt es in Gompertshausen ein Brauhaus, jedoch wurde dieses Bier nur für private Haushalte gebraut und das ,,bessere“ Bier in Fässern von auswärts geliefert.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 bis 1950 gab es in Gompertshausen keine Kirmesveranstaltungen. Feierlichkeiten in den Kriegsjahren waren nicht üblich. Als einzige freudige Geselligkeit blieb den Frauen nach der Erntezeit in den Wintermonaten nur die Lichtstube.
Kirmes im Grenzgebiet 1950 bis 1989
Das Fest der Kirmes – wie soll man es formulieren – war zu DDR-Zeiten nicht verboten, aber auch nicht erwünscht. Diese Veranstaltung befand sich in einer Art ,,grauen Zone“. Zumal die Kirmes im Sperrgebiet eine Sonderrolle einnahm und eventuell den SED-Staat in einen Zwiespalt kommen ließ. Zum einen engagierte sich der Staat im Ausbau von kulturellen Veranstaltungen im Randgebiet des Landes. Ein Artikel in der Zeitschrift ,,Frau von heute“, wahrscheinlich stammend aus dem Jahre 1959, beschreibt diese kulturelle Erweiterung. Dieser Artikel beginnt mit den Worten: ,,Wenn die Rede von Gompertshausen ist, dann wird meist die betrübliche Feststellung getroffen: Dort sagen sich die Füchse gute Nacht!ˈ Einige drücken es sogar noch impulsiver aus: ,Da ist doch der Hund verrecktˈ, denn Gompertshausen mit seinen 600 Einwohnern liegt ganz am Rande unserer Republik, im Grenzkreis Hildburghausen. Nur wenige hundert Meter südwestlich des Ortes verläuft die Staatsgrenze der DDR, hinter der die Atomkriegstreiber des Westzonenstaates ihr Unwesen treiben.“ Die Förderung von kulturellen Veranstaltungen durchziehen den Schriftverkehr der Gemeinde durch Jahrzehnte, vor allem natürlich zur Stärkung der politisch ,,richtigen“ Einsichten und Verhaltensweisen. Ein erster Bericht stammt aus dem Jahre 1952 über den ,,Bunten-Abend“ in Gompertshausen, bei dem Ziel ,,die Verbindung mit der Grenzpolizei weiter zu verbessern“ sowie ,,die Verbindung mit der örtlichen Jugend weiter auszubauen und zu festigen“ ist.
Die Kirmes hatte nun aber in ihrem Ursprung der Kirchweihmesse einen kirchlichen Hintergrund – wenn auch dieser im Lauf der Jahrhunderte eher zweitrangig geworden ist. Während bei den Altvorderen der Gottesdienst an den Kirmestagen einen traditionellen Bestandteil bildete, existierte dieser in verschiedenen Jahren zu DDR-Zeiten nicht mehr und nach und nach folgten mehrere Einschränkungen im Ablauf der Kirmestage seitens der Regierung. Solche Beschränkungen werden in nachfolgenden Passagen zur Sprache kommen. Um noch einmal auf die Lage im 5-km-Sperrgebiet zu kommen, soll erwähnt werden, dass die Kirmes zu DDR-Zeiten in einen viel kleineren Umfang im Gegensatz zur heutigen Zeltkirmes abgelaufen ist. Zur Kirmes kamen nur Dorfbewohner und ein paar wenige Leute aus den umliegenden Nachbardörfern. Während zu Beginn der Grenze ein Besuch zu Festen in umliegenden Nachbargemeinden des 5-km-Sperrgebietes noch möglich war, wurde Ende der 1960er dieser in Nachbargemeinden nicht mehr gestattet, wenn diese in benachbarten Sperrzonen, wie zum Beispiel im Landkreis Meiningen, lagen. Des Weiteren war es den Bewohnern des 5-km-Sperrgiebtes nicht erlaubt, Veranstaltungen in den Dörfern des 500-Meter-Sperrgebietes zu besuchen. Auch hierfür wurde ein gesonderter Passierschein erforderlich. Es gab die Möglichkeit, Verwandte 1. Grades in der DDR zu Veranstaltungen mit Hilfe eines Passierscheines einzuladen. Dieser wurde jedoch nicht immer gewährt. Nahe Familienangehörige aus westlicher Zone erhielten selten und aus dem Ausland nie einen Passierschein, wie eine Nachricht vom ,,Vorsitzenden des Rates des Kreises Hildburghausen“ aus dem Jahre 1962 zeigt. Vorläufer dieser Passierscheine belegt eine Meldung aus dem Jahre 1949, bei der die Aufforderung lautet, dass ,,die Besucher aus den westlichen Besatzungszonen mit ihren Interzonenpässen [sich] in Heldburg an- und abzumelden [haben]“.
Der Neubeginn der Kirmes
In den 1950er Jahren fand fast jedes Jahr eine Kirmes in Gompertshausen statt […]. Ein Brauch namens ,,Männerball“, der sich später verlor, fand am letzten Abend des dritten Kirmestages statt. Zu diesem durften nur verheiratete Paare erscheinen. Selbst die Plangesellschaft durfte nicht teilnehmen. […] Eine außergewöhnliche und in der Geschichte einmalige Kirmesform stellte die ,,Mädchenkirmes“ im Jahre 1957 dar. An diesem ,,Mädchenplaa“ nahmen nur, wie der Name verrät, Mädchen teil und schlüpften zur Hälfte auch in die Rolle ,,Plaaburschen“ und ,,Gießerträger“. In diesem Jahr fand ein Gottesdienst statt, bei der die ,,Kirmesbräute“ alle eine Tracht trugen. Die Trachten wurden im Übrigen während der gesamten DDR-Zeit ausgeliehen oder sind vererbt worden […].
Während in den 1950ern die Frage offen blieb, ob der Gottesdienst zur ,,Karmes“ in einem Jahr gestattet wurde, durften die Kirmesteilnehmer im Jahre 1965 in die Kirche. Der Wechsel von Verbot und Genehmigung des Kirchganges spiegelt den ständigen Diskurs zwischen Annäherung und Ablehnung zwischen Kirche und Staat wider. Oftmals durften die Kirmesteilnehmer in Gompertshausen während des SED-Regimes nicht in die Kirche, was auch an der Einstellung der örtlichen Behörde lag […].
Nachdem in den vorhergehenden fünf Jahren keine Plankirmes im eigentlichen Sinn stattfand, lebte diese zu Beginn der 1980er Jahre wieder durch die Jugend auf. In den Anfangsjahren der 1980er war der Gottesdienst wieder einmal nicht erwünscht. So sagte der damalige Kirmesälteste, wenn wir studieren wollen, können wir nicht in die Kirche. Eine andere Teilnehmerin berichtete, dass die Kirmesgesellschaft zwar einen Gottesdienst hätte besuchen können, aber dann wäre vielleicht die nächste Kirmesveranstaltung gestrichen worden. Die Kirmessprüche seien nicht von Seiten des Staates kontrolliert worden, dennoch achteten die Kirmespärchen darauf, dass nichts ,,Falsches“ enthalten war. 1981 musste die Kirmespredigt an den ,,Rat des Kreises“ geschickt werden, damit keine negativen Worte über den Staat fielen. Es gab Versuche, die Kirmes in ,,Dorffestspiele“ umzubenennen. ,,Dorffestspiele“ wurde aber nur ein Begriff an überörtliche Organe, der in offiziellen Mitteilungen zu finden ist.
1986 wurde das Wirtshaus geschlossen. Aber schon im folgenden Jahr überlegten sich die Gompertshäuser eine Möglichkeit, wie dennoch die Kirmestradition in abgewandelter Weise stattfinden könnte. Eine Zeltkirmes sollte es sein, wozu der Kirmestermin auf Anfang Juli verlegt wurde. Aber woher bekam man ein großes Zelt für eine kulturelle Veranstaltung? Im ehemaligen Grenzgebiet Gräfenthal/Ostthüringen war ein Zelt vorhanden. Jetzt kamen den Gompertshäusern die Grenzer aus Gompertshausen zu Hilfe. Der Hauptmann des Ortes stellte sich selbst einen Passierschein aus und fuhr mit einem Kraftfahrer, der als Einziger des Dorfes einen Passierschein nach Gräfenthal hatte, das Zelt zu holen. So wurde die erste Zeltkirmes in einem Armeezelt gefeiert. Aber selbst an diesem neuen Ort ließen sich die Gompertshäuser nicht die Stimmung verderben. Viele Befragte erinnern sich genau, wie in einem dieser ersten Jahre ein Unwetter aufzog und das Zelt fast zum Einsturz brachte. Als dann noch der Strom ausfiel holte man schnell einen PKW Trabant und beleuchtete mit dessen Licht das Zelt, wobei die Musik trotz des Regens weiterspielte.
Kirmes heute
Bis heute stellt die Kirmes in Gompertshausen einen festen Bestandteil im Veranstaltungskalender dar. Bei einer Zeltkirmes Anfang Juli ist es geblieben. Organisiert wird das Fest abwechselnd von zwei Vereinen: Dem Feuerwehr- und dem Sportverein. Wie soll es anders sein, gab es in den fast 25 Jahren nach der Wiedervereinigung einige Veränderungen und Erneuerungen in der Kirmestradition, wobei die Kernelemente der traditionellen Trachtenkirmes immer noch fortgeführt werden. Eine enorme Erleichterung stellt ohne Frage die nicht mehr vorhandene Kontrolle seitens des Staates dar. Natürlich muss immer noch ein Festzeltbetrieb angemeldet werden, auf den Jugendschutz geachtet werden oder die Hygienevorschriften zur Anwendung kommen.
Viele Einschränkungen, wie die Polizeistunde, die Kontrolle der Kirmespredigten, die Vermittlung der Kapelle, die Untersagung von bestimmten Liedtexten oder das Verbot des Ganges in die Kirche, sind verschwunden. Der Gottesdienst ist wieder ein fester Bestandteil an den Kirmestagen geworden.
Ein neues Element ist seit Mitte der 1990er Jahre die Kinderkirmes, bei der die Kindergartenkinder aus dem Ort ihr Bestes geben und Tänze sowie Kirmessprüche über ihren Kirmespartner einstudieren. Auch die Kleinsten haben schon ein ,,Gießerträger“ und ,,Tortenmädlich“. Eine weitere Kirmesattraktion, die aus Gompertshausen seit der Wende nicht mehr wegzudenken ist, ist der ,,Frühschoppen“ am Morgen des Sonntages. Hier wird traditionelle Blasmusik gespielt. Jeder der will, kann etwas einstudieren und sein Lied, Tanz oder Gedicht vortragen. Bei diesem ,,Frühschoppen“ haben sich in den zwanzig Jahren auch schon einige ,,Klassiker“ entwickelt, die nicht fehlen dürfen, wie zum Beispiel die ,,Ambospolka“. Hierzu bringen kräftige Männer aus der Schmiede den Amboss, auf dem ein Musikant mit einem Hammer den Refrain klopft und im Hintergrund die Blaskapelle spielt. Ebenso sind zu den ehemals drei Standardtänzen neue hinzugekommen, zum einen der ,,Schuhplattler“ und zum anderen ein Showtanz. Dieser Showtanz wird freitags und samstags um Mitternacht aufgeführt und trägt jedes Jahr ein anderes Motto. Hier werden vor allem modernere Tänze und Lieder präsentiert.
Programm 2019
An allen Tagen …
18.07. – 21.07.2019 |
Kirmes im Festzelt am Sportplatz / Sportverein |
Do., ab 17 Uhr Zeltbetrieb
ab 18. 30
13.07. ab 11. 30 Uhr Festzeltbetrieb mit Mittagstisch
ab 15 Uhr Ständle der Karmesgesellschaft vom Haus zu Haus
ab 20 Uhr Karmestanz Planaufführung
und “Show- einlagen” der Karmesgesellschaft
Sa., ab 8 Uhr Ständle der Karmesgesellschaft vom Haus zu Haus
ab 11. 30 Uhr Festzeltbetrieb mit Mittagstisch
ca. 13. 00 Uhr Karmesgottesdienst in der Kirche
13. 45 Uhr Kinderplanaufführung, anschl. Sprüche
der Karmesgesellschaft und Karmespredigt
ab 20 Uhr Karmestanz
Planaufführung und “Show- einlagen” der Karmesgesellschaft
So., 15.07. ab 10 Uhr Traditioneller Karmesfrühschoppen
mit den “Gompertshäuser Musikanten” ab 11. 30 Uhr
Mittagstisch mit Braten und Klößen ab 14 Uhr Kindertanz
mit “DJ “
ab 20 Uhr Karmestanz mit “DJ ” anschl. Karmesbeerdigung